Der Tischtennis Spieler - Ein seltsames Wesen

Hin und wieder wer­den im Fern­se­hen Kurzbe­richte von TT-Bundes­liga­spie­len oder sons­tigen TT-Großver­an­stal­tun­gen gezeigt. Ver­wundert rei­ben sich dann die Zuschauer die Augen, weil alles so schnell geht. Sie kön­nen nicht ver­ste­hen, wie Erwach­sene Per­so­nen mit hek­ti­schen Bewe­gun­gen ver­su­chen, die­sen klei­nen weißen Ball zu treffen und gleichzei­tig so zurückzu­spie­len, dass der Geg­ner ihn nicht mehr bekommt.

Übri­gens: Der längste Ballwech­sel in der Tisch­ten­nisge­schichte dau­erte 8 Stun­den und 33 Minu­ten. Die­ser wurde 1978 in Stamford (USA) von Robert Stiegel und Donald Peters gespielt.

Der nun folgende wis­senschaft­li­che Bericht soll auf­zei­gen, wie die Sport­art Tisch­ten­nis funk­tio­niert und mit wel­chen Tücken die Aktiven dabei zu kämpfen haben.

Um Tisch­ten­nis aus­ü­ben zu kön­nen, benö­tigt man 2 Schlä­ger, 1 Tisch­ten­nis­ball, 1 Netz, 1 Tisch (Platte) und eine/n Mit­spie­ler/in. Neben rund 700.000 Aktiven wird diese Sport­art auch von zahlrei­chen Hobby­spielern betrie­ben. Diese haben ent­we­der eine Platte im Gar­ten, im Hobbykel­ler oder benut­zen die häufig an Schulen ste­hen­den Beton­plat­ten. Draußen zu spie­len hat seine besonde­ren Reize. Man lernt, tücki­sche Sei­tenwinde in das Spielge­sche­hen einzubauen. Erfah­rene Gar­ten­spie­ler kalkulie­ren zudem immer die Blendwirkung der Sonne mit ein. Beim Geg­ner natür­lich! Sogar Bodenun­eben­hei­ten und kleinere Schlamm­pfüt­zen las­sen sich belebend in den Spielver­lauf einbauen.

Der nächste Schritt zum Tisch­ten­nisver­rück­ten ist der Ein­tritt in den Tisch­ten­nisver­ein. Die meis­ten, die die­sen Schritt voll­zogen haben, sieht man bis an das Ende ihrer Tage hin­ter dem klei­nen weißen Ball her hüpfen.

An den meis­ten Woche­n­en­den von Sep­tember bis April droht dem Tisch­ten­nis­spie­ler Ungemach: Das nächste Punkt­spiel steht auf dem Pro­gramm. Wäh­rend der Woche hat der Tisch­ten­nis­spie­ler zumeist 2-3 mal die Mög­lichkeit, sich durch Trai­ning auf die­ses Spiel vor­zu­berei­ten. Geht man mit ent­spre­chen­den Eifer an die Sache, dann kann man die Trai­nings­ein­heit auch als Zei­t­raum bezeich­nen, in dem aus einem energie­ge­la­de­nen Spie­ler, der vor Kampfgeist und Ein­satz­wil­len nur so strotzt, ein ver­rauch­tes und schlappes Häufchen Elend wird.

Jedoch sollte betont wer­den, dass ein Tisch­ten­nis­spie­ler nie Muskelka­ter bekommt. Hierzu sind Tisch­ten­nis­spie­ler ein­fach zu gut trai­niert. Muskelka­ter bekom­men höchs­tens Fuß­bal­ler!

Vol­ler Hoff­nung und Taten­drang tritt man dann zum wöchent­li­chen Punkt­spiel an. Diese Ver­gleichskämpfe könn­ten so schön sein, wenn es nicht das Spielbe­richts­pro­tokoll gäbe. Hier­auf wer­den all die trau­rigen Ereig­nisse festge­hal­ten, die sich wäh­rend des Spiels ereig­nen. Nach dem Spiel hört man öfters den Begriff "Aus­fall" (in der Kneipe TOTAL­ausfall). Hierbei handelt es sich nicht um den gleich­na­migen Schritt, sondern um den Spie­ler, der nicht seine Normal­form erreichte. Betrifft die­ser Zustand eine Mannschaft über länge­ren Zei­t­raum, dann spricht man nicht mehr von Aus­fäl­len, sondern vom dro­hen­den Abstieg.

Es gibt auch Spie­ler, die nicht in der Lage sind, mit Anstand zu ver­lie­ren. Schuld an deren Nieder­la­gen sind natür­lich immer die unglück­li­chen Umstände (Netz- und Kan­tenbälle) oder aber die katastro­pha­len Spielbedingun­gen (zu kleine Halle, schlech­tes Licht, glat­ter Hallenbo­den, Erd­erwär­mung, Luftfeuch­tigkeit, ...). Hierbei handelt es sich jedoch Gott sei Dank um eine kleine, unbedeu­tende Minder­heit (d. R. TTC Ede­ren).

Netz und Kante sind Teile der Platte, die den Ball besonders anzu­zie­hen schei­nen. Folge von Netz- und Kan­tenbäl­len sind zumeist bizarre Ver­renkun­gen des Gegen­spielers. Diese erfolgen jedoch meist ver­geb­lich.

Wenn man einen Netz- oder Kan­ten­balI (Netz- und Kan­ten­ball sind besonders effek­tiv) gespielt hat, gehört es zum guten Ton, sich hiefür zu ent­schul­digen. Man ver­meide jedoch bei sei­ner Ent­schul­digung zu brei­tes Grinsen und offn­sicht­li­che Schadenfreude über den Punktgewinn. man sollte aber auch nicht zu zer­knirscht dreinschauen. Das glaubt dann auch kei­ner.

Bei den wöchent­li­chen Punkt­spie­len duelliet man sich nicht nur mit jeweils einem geg­ne­ri­schen Spie­ler, sondern zu Beginn des Punkt­spiels wer­den zunächst Dop­pel. Kri­tiker die­ser Spiel­form bezeich­nen das Dop­pel­spiel auch als beste Mög­lichkeit, sich gegen­sei­tig im Weg zu ste­hen. Sol­che Aus­sa­gen sind in der RegeI aber nur von sol­chen Spielern zu hören, die Defizite im Bereich Koordi­na­tion und Schnel­ligkeit auf­wei­sen. Diese Spìe­ler sind im Dop­pel aber zumeist besonders gern gese­hen. Sie sorgen für die nötigen Pau­sen zum Ver­schn­au­fen.

Übri­gens: Das längste Dop­pel wurde vom 23. bis 27. Mai 1980 in Stuttgart gespielt. Es dau­erte 102 Stun­den.

Das A und O beim Dop­pel ist das sofor­tige Aus­wei­chen nach dem eige­nen Schlag. Beherrscht man das nicht so gut, sollte man sich auf jeden Fall den Aus­holschwung des Partners genau anse­hen. So kann man sich in etwa aus­rech­nen, wann man des­sen Brett (Schlä­ger) zum ers­ten Mal vor dem Kopf hat.

Zwei oder drei sol­cher Begeg­nun­gen mit der Keule des Partners erleich­tern das Aus­wei­chen-Ler­nen ungemein.

Zu dem Thema: "Ist Tisch­ten­nis eine Mannschaftsport­art?" gibt es unter­schied­li­che Auf­fassun­gen. Zum eînen hört man immer wieder, dass eine Tisch­ten­nismannschaft einen Zweckver­bund von Individua­lis­ten dar­stellt. Es ist zwar rich­tig, dass beim Spiel 1 gegen 1 Jeder für seine eigene Leis­tung voll ver­antwor­lich ist, das gemein­same Erle­ben der Punkt­spiete, des gemein­sa­men Trai­nings und der persön­li­chen Kon­takte durch den Tisch­ten­nissport las­sen jedoch nur den Schluss zu, dass Tisch­ten­nis ein Mannschaftssport ist.

Wenn man den Begriff Mannschafts­kame­rad defi­nie­ren will, so kann man die­sen auch als bedau­erns­wer­ten Zeitgenos­sen bezeich­nen, der mit Gleichge­sinn­ten zusam­men jede Woche zu Punkt­spie­len geschickt wird. Er muss dabei Trost spen­den kön­nen, Spaß ver­ste­hen, Rüffel weg­ste­cken kön­nen, Wut­ausbrüche unbe­scha­det über­ste­hen, Lau­nen ertra­gen und abso­lut trink­fest sein.

Ger­ade auf letztge­nannte Eigenschaft sind die Tisch­ten­nis­spie­ler sehr stark. In die­sem Zusam­menhang muss der in Tisch­ten­niskrei­sen ver­wen­dete Begriff "Auf­bauphase" erläu­tert wer­den.

Die Auf­bauphase beginnt in dem Moment, in dem der Spi­eIer nach dem Punkt­spiel oder dem Trai­ning sei­nen Platz an der Theke im Ver­eins­lokal ein­genom­men hat und das erste Bier vor ihm steht. Wie jedoch auch bei ande­ren Sport­ar­ten gilt auch für Tisch­ten­nis­spie­ler der Leit­satz: Es gibt zwei Stamm­plätze - den in der Mannschaft und den in der Stammkn­eipe.

Neben den Duel­len in der Punkt­runde wer­den auch noch Tur­niere ange­bo­ten, auf denen sich die besonders eif­rigen Spie­ler/innen aus­to­ben kön­nen. Diese Tur­niere wer­den ent­we­der im bekann­ten "KO-Sys­tem" aus­ge­tra­gen, oder aber nach dem Prinzip jeder gegen jeden. Letztere Spiel­form garan­tiert, dass kei­ner so schnell als Sie­ger nach Hause gehen kann. Das KO-Sys­tem als Spiel­form zehrt am meis­ten an den Nerven, da einige Spie­ler nach der berühm­ten Erst­run­den­nieder­lage sich kram­pr­haft Aus­reden über­legen müs­sen, um ihr ver­früh­tes nach Hause kom­men zu erklären. Dieje­nigen die gewin­nen, sind auch nicht viel bes­ser dran, da sie ja mit immer noch schwe­re­ren Spie­len bestraft wer­den.

Übri­gens: Ein Pro­fi­spie­ler ver­liert wäh­rend eines Tur­niers bis zu sie­ben Pfund Gewicht pro Wettkampf­tag.

Abschließend möch­ten wir Tisch­ten­nis­spie­ler uns noch zur Ver­wandt­schaft der Sport­ar­ten Tisch­tennìs und Ten­nis äußern. Ten­nis ist eine Abart des Tisch­ten­nis. Diese wurde von Tisch­ten­nis­spielern ent­wi­ckelt, für die das fili­grane Spiel mit klei­nen Bäl­len und klei­nen Schlägern zu kompli­ziert war. Sie ließen des­halb den Tisch weg, ver­wen­de­ten größere Schlä­ger und Bälle und hat­ten dadurch die Chance, den Ball auch einmal zu treffen. Unge­rechterweise lässt sich jedoch heute mit Ten­nis wesent­lich mehr Geld ver­die­nen. Die Ver­di­enstmög­lichkei­ten von Pro­fisportlern bei­der Sport­ar­ten ste­hen in Rela­tion zur Spiel­fläche. Diese These lässt sich auch bei­spiels­weise auf Fuß­ball oder Golf aus­brei­ten.

Übri­gens: Fred Perry (TT-Welt­meis­ter 1929) stieg spä­ter auf Ten­nis um und wurde durch seine Siege in Wimb­le­don bekannt. Ann Hadon-Jones (TT-Vizewelt­meis­ter 1957) stand ab 1960 zwölf Jahre in den Top Ten im Ten­nis und gewann eben­falIs Wimb­le­don.