Allerlei Erbungen in Ederen vor 390 Jahren

Zugleich ein klei­ner Bei­trag zur Geschichte Edere­ner Familien


Von Wer­ner Rein­artz. In: Rur-Blu­men. Heimat-Wochenblatt zum Jüli­cher Kreisblatt, 1937


Es ist ein altes, ver­gilb­tes Stück Papier, das da vor mir liegt. Als es beschrie­ben wurde, herrschte im zwei­ten Jahrzehnt der Dreißigjäh­rige Krieg; sonst ist das alte Schrift­stück schon mehr als dreihundert Jahre alt. Und doch sind die krausen Schrift­züge, die Peter EnkenEnken, Peter damals müh­sam mit dem Federkiel malte, noch ziem­lich gut zu lesen, obwohl das Papier ver­schmutzt und durch­löchert ist.

Das alte Schrift­stück erzählt man­ches aus dem Leben eini­ger Men­schen aus Ede­ren vor drei Jahr­hunder­ten, deren Namen und deren Blut auch heute noch von man­chen Nach­­kömm­lin­gen weiter­gege­ben wird. Die Kir­chen­büc­her von Ede­ren, die Quelle unse­rer Famili­en­for­schun­gen, rei­chen nicht so weit in die Ver­gan­gen­heit zurück, daß sie diese Namen noch ken­nen. Darum ist es sicher­lich der Mühe wert, die­ses alte Schrift­gut der Heimat zu ent­ziffern; denn vielleicht bie­ten die Namen irgend­ei­nem Famili­en­for­scher noch einige neue, wenn auch beschei­dene Anhalts­­punkte bei sei­ner Arbeit.

In der vor­liegen­den Urkunde wer­den die Mit­­­glieder einer Familie Capperz auf­ge­führt, die einmal in Ede­ren wohn­ten und deren Ver­wandt­schafts­­ver­hält­nis einiger­­maßen geklärt wer­den kann. Da ist der Vater Conrad CapperzCapperz, Conrad, der in der Welzer Gasse zu Ede­ren sein Anwe­sen besaß. Neun sei­ner Kin­der las­sen sich nach­­wei­sen. Es sind zunächst sechs Söhne: Chris­tianCapperz, Chris­tian, Ger­hardCapperz, Ger­hard, JohannCapperz, Johann, WilhelmCapperz, Wilhelm, PeterCapperz, Peter und HeinrichCapperz, Heinrich. Von den drei Töchtern ist SophiaCapperz, Sophia ohne Nach­­­kom­men, also wahr­­schein­lich ledig ver­s­tor­ben, eine Toch­ter ist mit Wilhelm BuckenBucken, Wilhelm und die dritte mit Wilhelm Dede­richDede­rich, Wilhelm ver­hei­ra­tet, der Name der letze­ren ist AgnesCapperz, Agnes. Wilhelm Capperz ist um die Zeit der Abfassung der vor­liegen­den Nieder­schrift bereits ver­s­tor­ben und hat einen Sohn HeinrichCapperz, Heinrich hin­ter­las­sen.

Am 15. April 1632 erschien der ehrbare und fromme Chris­tian Capperz. Er hat sei­nem Bruder Ger­hard Capperz und sei­ner Hausfrau Merken Can­nenCan­nen, Merken ein Vier­tel Acker­land ver­kauft. Ein hal­bes Vier­tel davon lag »auf Welzer Wegh« und mußte dem Pas­tor von Puf­fen­dorf jähr­lich ein Vier­tel Rog­gen als Abgabe liefern. Das andere Vier­tel lag »ahn der Was­ser-Kul­len« im Edere­ner Feld und hatte eben­falls jähr­lich ein Vier­tel Rog­gen abzuge­ben. Der Kauf­preis für beide Stü­cke betrug elf Taler in köl­ni­scher Wäh­rung, jeder Taler wurde zu acht Mark vier Albus gerech­net.

Die ande­ren Nieder­schrif­ten auf dem glei­chen Blatt behandeln eigent­lich nur Tei­lungs­­ange­legen­hei­ten. Die Schwes­ter Sophia war ges­tor­ben. Darum wurde ihr vät­er­­li­ches Erb­teil durch die ande­ren Geschwis­ter geteilt, wobei Ger­hard Capperz die ein­zel­nen Teile ankaufte.

Am 8. Dezember 1633 kamen daher Wilhelm Bucken und sein Schwa­ger Jan CapperzCapperz, Jan zusam­men. Sie über­ließen dem Ger­hard Capperz, der »bin­nen Erren inheimisch« war, ihren Anteil an dem Nachlaß ihrer Schwes­ter Sophia für einen Betrag von drei Reichs­­taler. Beide waren im Schrei­ben unerfah­ren und mal­ten daher unter den Ver­trag ihre Merk­zei­chen, der eine mit  und der andere .

Am 7. Dezember 1633 erschien eben­falls, die nach­­las­sende Wittwe des Wilhelm Capperz und über­ließ im Bei­sein ihres Söhn­chens Heinrich ihren Anteil an der Hin­ter­las­sen­schaft dem Ger­hard Capperz für drei Taler köl­nisch. Auch sie malte ihr besonde­res Zei­chen  hin.

Am glei­chen Tag ist auch Peter Capperz mit sei­ner Frau Catha­rinaCapperz, Catha­rina anwe­send und ver­kauft sei­nen Anteil aus der Hin­ter­las­sen­schaft sei­ner Schwes­ter Sophia, bin­nen Ede­ren »in der Welzer Gas­ses« gelegen, für andert­hal­ben Reichs­­taler. Er bedankt sich dabei guter Bezah­lung und unter­schreibt als einzi­ger von sei­nen sämt­li­chen Geschwistern mit sei­nem gan­zen Namen.

Am 6. Dezember 1634 ver­kauft auch Hein­rich Capperz mit sei­ner Frau sei­nen Anteil an sei­nen Bruder Ger­hard für drei Taler köl­nisch. Der Betrag wurde getä­tigt auf »des heil­ligen Apos­tels (!?) Nico­lay Tagh, wel­cher ist den ses­ten Decem­b­ris«. Heinrich Capperz konnte auch nicht schrei­ben. Sein besonde­res Merk­zei­chen zeigt aber, daß er doch ganz gut mit dem Gän­sekiel umge­hen kann. Es sieht wie folgt aus:

Am 7. Dezember 1634 erscheint auch Chris­tian Capperz noch einmal in den Nieder­schrif­ten. Auch er ver­kauft sei­nem Bruder Ger­hard »sein Ant­heil wegen sei­ner Schwes­ter Sophia an Hauss und Hoff«. Er ist dabei mit der Her­aus­gabe von drei Talern zuf­rieden. Auch er hat sich jetzt ein beson­de­res Merk­zei­chen zugelegt, es sieht fast wie eine Angel aus:

Am 20. Dezember 1634 erschei­nen Wilhelm Dede­richs und seine Frau Agnes Capperz. Sie. Sie ver­kau­fen an Ger­hard Capperz ein Vier­tel Acker­­land »auff pei­s­sen belk bene­ben Dede­rich Pelzer, die ander seidt den gel­bet selbs« für 221/2 Taler. Gleich­zei­tig über­las­sen sich auch für drei Taler inh­ren Anteil aus dem Nachlaß der Sophia ihrem Schwa­ger und Bruder Ger­hard Capperz. Wilhelm Dede­richsDede­richs, Wilhelm hat jeden­falls das kunst­­vollste Merk­zei­chen.

So ist die alte Urkunde ein Stück wert­vol­len Schrift­­guts der Heimat. Alte Geschlech­ter wer­den wieder leben­dig, die schon lange ver­modert und ver­ges­sen sind, ihre Namen ste­hen vor uns und erweitern das Wis­sen um eine alte Familie unse­rer Heimat. Unge­lenke Merk­zei­chen geben uns ein Rät­sel auf: Sind es nur Zufäl­lig­kei­ten, sind es alte Haus­­marken? Die Orts­ge­schichte wird um einige alte Flur­­na­men berei­chert, die das Bild der Gemarkung ver­voll­­stän­digen helfen. Und so trägt auch die­ses unschein­bare Stück ver­gilb­ten Papiers wieder einige Steine bei zur Erweite­rung unsere Orts- und unse­rer Famili­en­ge­schichte.